Das Boot ist voll?!

Eine Medieninstallation.

Angesichts der Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer, bei denen von Januar 2015 bis April 2015 bereits 1500 Menschen ums Leben kamen, allein 1000 davon in der zweiten Aprilwoche¹, rückte die Flüchtlingsthematik wieder verstärkt in den Fokus der Medienlandschaft. Spätestens ab Juli 2015 wurde die „Europäische Asylkrise“ zum dominanten Thema europäischer Zeitungen, dem zum jetzigen Zeitpunkt Anfang Oktober ungemeine Präsenz eingeräumt wird.

Aufgrund von Staatszerfallsprozessen, zum Teil durch westliche Akteure beschleunigt, und damit verbundenen anhaltenden Bürgerkriegen, die in Libyen zu einer andauernden Spirale der Gewalt und großflächiger Zerstörung geführt haben, versuchen Menschen zunehmend über libysche Knotenpunkte die Flucht nach Europa. Davon betroffen sind auch viele ArbeitsmigrantInnen aus anderen afrikanischen Staaten, die sich angesichts des in Trümmern liegenden Landes neue Perspektiven suchen.

In der hier präsentierten Installation stehen weniger die inhaltliche Aspekte der ausgehängten Artikel an sich, sondern vor allem die Rezeption durch die User des Online-Portals derStandard.at im Vordergrund. In methodologischer Anlehnung an die rezipientInnenorientierten Medienanalyse wird dabei die Situation der Betrachtenden zum Objekt der Forschung gemacht. Ausgehend von der Feststellung, dass jede Wahrnehmung mit einer inneren Einstellung des Wahrnehmenden zusammenhängt, die aus Weltanschauung, charakterlicher Haltung, Kenntnissen und Erfahrung erwächst, wird gefolgert, dass „die Bedeutung von medialen Botschaften und ihre Wirkungen rezipienten-orientiert untersucht werden müssen.“²

Im vorliegenden Exponat wird dabei eine weitere RezipientInnenen-Ebene – die der User – zwischen den/die BetrachterIn und den Inhalten der Zeitungsartikel geschoben. Auch werden Interaktionen der User untereinander aufgezeigt, um den dynamischen Prozess der Diskursproduktion in Internetforen zu unterstreichen.

¹ DiePresse.com (2015): UNO befürchtet schlimmste Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. DiePresse.com, 19.04.2015
² Lippert, Heinrich (1987): Rezipienten-orientierte Medienwirkungsforschung. Grundlegung und Modell einer rezipienten-orientierten Medienanalyse. Münster: Selbstverlag.